14.04.2025
Kampfmittel auf der Baustelle

Achtung: strafbar!
Eine Baudurchführung ohne vorherige Untersuchung auf Kampfmittelbelastung ist fahrlässig und im Fall einer Explosion strafbar.
Die Gesetzeslage zum Thema Kampfmittelvorerkundung ist eindeutig.
Bauherren und Grundstückseigentümer sollten relevante Gesetze und Paragrafen kennen. Für die öffentliche Hand ist auch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen von Bedeutung.
Das Wichtigste aus dem StGB

Paragraf 308 Strafgesetzbuch
definiert das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion als Straftat. Wird dadurch eine Person verletzt, kann das mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Kommt es zum Tod eines Opfers, kann für den Verantwortlichen eine Freiheitsstrafe von mindestens 10 Jahren oder lebenslänglich folgen.
Paragraf 319 Strafgesetzbuch definiert die Baugefährdung. Bereits beim Planen stehen Sie hier in der Verantwortung, nicht gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik zu verstoßen. Wird bei der Planung, der Leitung oder Ausführung auf der Baustelle fahrlässig gehandelt und Gefahr verursacht, dann handelt es sich um eine gemeingefährliche Straftat. Diese wird bei Gefährdung von Leib und Leben anderer Menschen mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet.
Rechtsgrundlage BGB § 94
Dieser Paragraf definiert „Wesentliche Bestandteile eines Grundstücks oder Gebäudes“. Da Blindgänger fest mit dem Grund und Boden verbunden sind, kommt der Gesetzgeber zu dem Schluss, dass jeder Grundstückseigentümer grundsätzlich für die Erforschung und Beseitigung von Gefahren verantwortlich ist, die von seinem Grundstück ausgehen.
Haftungsfrage BGB § 823
Wird die Gefahr von Sprengbombenblindgängern vom Bauherrn oder Grundstückseigentümer ignoriert, kommen aus dem BGB Paragraf 823 Schadenersatzpflicht bei fahrlässigem Handeln zur Anwendung bzw. die oben genannten Paragrafen 308 und 319 aus dem StGB.

Bauleistungen der öffentlichen Hand
Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen regelt im Teil 4, Kapitel 1, Abschnitt 1 in den §§ 97 ff. das Vergaberecht für Bauleistungen von öffentlichen Auftraggebern. Diese müssen zwingend das Vergaberecht beachten, zu dem auch die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB).
Dort heißt es im Teil A § 7 EG Leistungsbeschreibung, Technische Anforderungen im Absatz 1, Nummer 6: Die „wesentlichen Verhältnisse der Baustelle, z. B. Boden- und Wasserverhältnisse, sind so zu beschreiben, dass der Bewerber ihre Auswirkungen auf die bauliche Anlage und die Bauausführung hinreichend beurteilen kann“.
Unter Nummer 3 desselben Absatzes heißt es: „Dem Auftragnehmer darf kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann.“
Beispiel: Wird während des Bauens im Erdreich ein Kampfmittel entdeckt, muss jedwede Tätigkeit sofort gestoppt werden, bis das Kampfmittel entfernt ist. Das bedeutet mindestens eine Bauverzögerung. Jeder ungeplante Stillstand auf der Baustelle kostet viel Geld.

Ausschnitt aus den ATV DIN 18299, den Allgemeinen Regelungen für Bauarbeiten jeder Art, in dem die Kampfmittel explizit erwähnt werden.

Fazit und Empfehlung
- Der Grundstückseigentümer bzw. der Bauherr, privat, gewerblich oder öffentlich, ist für die Gefahr verantwortlich, die von seinem Grundstück ausgeht.
- Im Schadensfall wird gegen den Verantwortlichen geahndet; bei Verurteilungen sieht das Gesetz Geld- und/oder Freiheitsstrafe vor.
- Mit einer „Voruntersuchung auf Kampfmittelverdacht“ kommt man der Verpflichtung nach, den Baugrund auf Kampfmittel zu überprüfen.
- Ergab eine Vorerkundung Verdachtspunkte, empfehlen wir eine Vororterkundung mittels Sondierung.
- Nach Sondierung und gegebenenfalls Kampfmittelentfernung kann eine Kampfmittelfreiheit dokumentiert werden.
Urteil zur Frage: Wer haftet?

Hier ein interessanter Fall aus dem Jahr 2021, wo eine unterlassene Kampfmittelsondierung (trotz Verdachtspunkt auf der Luftbildauswertung) vor Gericht verhandelt wurde.
Hier geht es zum vollständigen Bericht im Architektenblatt.
Begrifflichkeiten der Kampfmittelräumung, heißt es da, sind nicht nur für Juristen von Bedeutung, sondern auch für die planenden Architekten. Bauherr und Architekt müssen sich mit dieser „Spezialmaterie“ auskennen.
Weitere Verordnungen und Gesetze zum Thema Bauen und Kampfmittel
- Gesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz – SprengG)
- Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffG)
- Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung – BaustellV)
- Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV)
- Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Gefahrstoffverordnung – GefStoffV)
- Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV)
- Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung – LärmVibrationsArbSchV)
- Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS 524 „Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten in kontaminierten Bereichen“
- DGUV Information 201-027